Enternstung

"... weg vom Ernst, hin zum systematisch organisierten Spaß." "Der macht so ein ernstes Gesicht." Man scheint sich lustig machen zu müssen über den Ernst. Die medial sanktionierte Verdrängung der allgegenwärtigen Hysterie, der Überbetonung der Katastrophe, verleitet zur clownesken Degradierung durchs Entschwinden ins Lachen. Das Fernsehen (und da vornehmlich die Privatsender) verbreiten den ganzen Tag Hysterie und Wahnsinn. "... es kam ja nichts anderes..." Wenn jemand ernst ist, heißt das nicht, dass er im Ärger versinkt, dass die dünne Welteisdecke einbrechen muss, die uns vom Bodenlosen trennt. Das scheint aber befürchtet zu werden.
Dem Kasper ist man nicht böse, obwohl bei ihm nicht der Ernst in Wut umschlägt, sondern die Willkür. Das Theater, die Operninszenierung, zieht mit. Es wird diese beliebige Lautstärke der Katastrophenhysterie weitergetragen: begründet als Aufdeckung, Gesellschafts- und Medienkritik, notwendige Bürgerschreckerei. Die Kinder werden nicht verschont: mit der "sorgfältig abgewogenen" Frage: "was ist kindgerecht? Was kann man Kind zumuten?" beginnt die nachhaltige Infantilisierung einer neuen Generation. Es wird ihnen mit prahlerischer Anspruchsattitüde der größte Mist als Phantastisches um die Sinne gehauen: je lauter desto wahrer (besser: durchsetzungsfähiger): das Signal zu ständiger Aufrüstung, kein Aufruf an die Phantasie. Diese wird zwar bemüht und benutzt, in Wirklichkeit aber an Stumpf und Stiel beschmutzt und nach Möglichkeit vernichtet.
"Lächle, lächle – sonst bleibt das Unglück an dir hängen."

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