Abu Ghraib etc.

I.
Debilität dessen, der foltert? Nein, - zur Folter wird man ausgebildet! (Wie bringt man z.B. jemand dazu unter Zwang zu masturbieren, etc.? Da sollte man doch dazu lernen können.) Du weißt ja wie das läuft: Leute, bevorzugt aus armen Gegenden und ohne Bildungschancen, die vielleicht mal auf der Straße auffällig wurden, sehen bei hoher Arbeitslosigkeit ihre einzige Chance beim Militär, um nicht über kurz oder lang im Gefängnis zu landen. Das Gefühl der Ohnmacht, Arbeitslosigkeit und Kriminalität sind beliebte Druckmittel (der Rechten). Dort, beim Militär werden sie bis über die Grenzen geschliffen, also gebrochen und kleingemacht, und von morgens bis abends aus geringster Entfernung angeschrieen (zeigt mit zwei Fingern knappe 8 cm). Sie lernen, was ein Befehl ist. Wird die Befehlsstruktur plötzlich aufgehoben mit der entspannt großzügigen Geste der Liberalität, ist der Proband bereit raus zu lassen, was er angesammelt hat: Hass. Jetzt braucht der Vorgesetzte nur noch auf jemand zu zeigen: "der ist noch viel mehr Abschaum als du", sagt er und benennt eine ganze Gruppe, ein ganzes Volk als Abschaum ; schon ist es nicht nur legitim, sondern notwendig gegen diesen Abschaum vorzugehen. Bildung und Moral hängen zusammen: hast du keine Bildung, hast du keine Moral, d.h. keine Unterscheidungsfähigkeit zwischen Recht und Unrecht. Wir sind in dieser Hinsicht keine Insekten, die ja auch Staatswesen gründen; wir müssen das meiste erlernen. Und beim Militär wird gelernt, dass du ein Nichts bist, dass du aber für Größeres, sogar Großes (und alles wird gegen deine Nichtigkeit groß erscheinen) gebraucht werden kannst, wenn du alles aufgibst außer deinem durch Befehl oder Unterlassung des Befehls abrufbaren Hass. Und es ist dir noch eines versprochen: fun. Du wirst an nichts mehr Spaß haben als daran, Leute unter dich zu bringen, sie zu quälen und zu vernichten, - ohne Stopp und ohne Grenze. Wir machen etwas aus dir, das weniger ist als ein Tier: eine Maschine, die Lust am Quälen empfindet und noch von höchster Instanz dazu legitimiert ist.

II.
Ist das bisschen Höflichkeit, Hilfsbereitschaft, Zurückhaltung ein so hohes zivilisatorisches Entgelt, dass die Masse gelegentliche Ausflüge in die Entgrenzung (die Aufhebung aller tabuisierter Schranken) benötigt, um sämtliche erfindbaren Grausamkeiten in der Legitimität des Krieges zu begehen? Oder ist der Zusammenhalt in der Sippe durch die Industrialisierung so zerstört worden, dass eine Entfremdung, (ob man nun mehr oder weniger Gewicht auf das Wort Individuum legt), vom Menschen Besitz ergriffen hat, die er vorher ausschließlich auf das Fremde projizieren und in der Gemeinschaft vom "erwählten Volk"(dem er angehört) träumte und es, das Fremde, außerhalb seiner selbst ausmachen konnte? Der Traum wird geträumt, befindet sich ein Volk dem Fremden ausgeliefert oder ist vom Fremden überrollt worden. Und je besser man zwischen diesem und jenem Volk plötzlich zwischen Fremden und Erwählten unterscheiden kann, je genauer zwischen den Benachbarten und sich selbst eine Mauer gezogen wird, desto schneller und nachdrücklicher lässt sich die Notwendigkeit des Krieges, des Übergriffs begründen. Der Völkermord ist das Prinzip, nicht die Ausnahme. Nur die Dimensionen und Bedingungen haben sich geändert, nicht aber das fortwährende Schlachten und die endlose Erniedrigung der Folter.

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