Die Schwierigkeit über dem Mittelmaß

Man gilt als schwierig, wenn man Ansprüche hat und sie auch noch versucht durchzusetzen. Verbreitet scheint die Meinung, wer Ansprüche hat, sollte wenigstens darüber schweigen. Denn: Bescheidenheit im Sinne von Unterordnung ist eine Tugend, Bescheidenheit im Sinne der Größe von sich absehen zu können oder sich in Frage zu stellen, ein Laster. Angesichts dieser Meinung von Bescheidenheit ist diese heute keineswegs immer sinnvoll. Denn die Verkleinerung und Nivellierung von jeglichem ist angestrebt und der Mut zum aufrechten Gang wird deshalb immer wichtiger.
Wieso verabschieden sich die meisten von ihren großen Jugendkonzepten, um beim Trick, beim Effekt, beim Gemachten zu landen? Weil man merkt, dass dem jugendlichen Ideal zwar eine ihm selbst kaum bewusste Kraft innewohnt, dass es aber immer mehr Anstrengung und selbstkritischen Zweifel erfordert, das Ideal aufrecht zu erhalten, je älter man wird. Es ist mitgewachsen (oder verkümmert).
Außerdem wächst die Distanz zum Mittelmaß, wenn man diese Konzepte weiter verfolgt und das Selberdenken nicht scheut, was der eigenen Auflösung im Angepassten nicht eben förderlich ist.
Vielleicht ist man manchmal zu schnell mit dem Urteil: Arroganz. Denn: schwierig, widerständig, nachdenklich, bohrend, unbeugsam sein, mit Eigensinn(möglichst gepaart mit Flexibilität); das wird jetzt im Trendsetting, im Anpasserischen, inmitten von verkauften Seelen, Masken und der bloßen Attitüde mit steigender Tendenz gesuchter werden.
Der Geist bricht sich Bahn, wie der Fluss sich ein neues Bett schafft.

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